Sie sind klein und handlich, erfrischend und durststillend, dennoch Hauptursache für Übergewicht. Wir sprechen von Softdrinks, den gezuckerten Getränken aus der eisgekühlten Flasche oder dem Frisch-Getränke-Spender.
Italien hat wohl als erster europäischer Staat die Initiative ergriffen und möchte gezuckerte, kohlensäurehaltige Getränke besteuern. Zum einen aus gesundheitlichen Gründen, zum anderen aus rein einnahmetechnischen Gesichtspunkten. Wie die Sache ausgeht wird sich zeigen. Fakt ist: Die Harvard School of Public Health in Boston hat mehr als 30 000 Erwachsene beobachtet. Ergebnis der Untersuchung: Menschen, die regelmäßig Softdrinks zu sich nehmen fördern damit die genetische Veranlagung für Übergewicht.
Warum ist das so? Erklärungsansätze gibt es einige, der einleuchtendste ist wohl der, dass “Zucker in der Flüssigkeit nicht so satt macht”, wie Gerhard Rechkemmer, Präsident des Max-Rubner-Instititus (Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel) gegenüber der Süddeutschen Zeitung ausführt.
Die Energie werde zusätzlich zum normalen Bedarf konsumiert. Die Kalorien, die der Körper aktuell nicht braucht, speichert er als Fett im Körper. In Fachkreisen spricht man bereits von einer Epidemie. In Deutschland gelten bereits 67 Prozent der Männer und 53 Prozent der Frauen als “zu dick”.
Die Süßungsstoffe in Softdrinks bestehen für gewöhnlich zu einer Hälfte aus Fruchtzucker (Fruktose), zur anderen Hälfte aus Traubenzucker (Glukose). Fruktose ist dabei die gefährlichere Variante. Der Körper kann Fruktose viel schneller in Fett umwandeln. Und das am Hormon Insulin pfeilgrad vorbei. Damit wird dem Gehirn auch kein Sattheitsbewusstsein vermittelt. Nein, der Zucker umgeht die Signalwege. Somit werden sorgenfrei fruktosehaltige Lebensmittel zu sich genommen, ohne dass der Körper schlussendlich positiven Nutzen daraus ziehen könnte. Auf Dauer ist das gar nicht gut.
“Zucker ist reichlich sinnlos”, betont Gerhard Rechkemmer. Ausser dass es er eine “Gaumenfreude” sei, sei er zu nichts Weiterem sinnvoll. Freilich benötige das Gehirn den Zucker Glucose, der Teil des gewöhnlichen Haushaltszuckers ist. Glucose lasse sich jedoch auch ebenso gut aus nährstoffreichen Lebensmitteln wie Nudeln, Reis und Kartoffeln gewinnen.
Ist Zucker nun schädlich oder nicht? Grundsätzlich nicht, “nur für die Zähne”, so Rechkemmer. Mathilde Kersting vom Forschungsinstitut für Kindernährung in Dortmund plädiert gegenüber der Süddeutschen Zeitung für eine “optimierte Mischkost” und sagt, dass zehn Prozent der darin enthaltenen Kalorien durchaus durch Süßigkeiten gedeckt werden dürfen.
Unbedenklich sei mittlerweile Süßstoff. So die Aussage von Andreas Pfeiffer vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung gegenüber der Süddeutschen Zeitung. “Die früher kursierenden Vorwürfe”, synthetische Süßstoffe wie Saccharin und Aspartam seien krebserregend , sind vom Tisch.”
Das süße Verlangen: Softdrinks und Co
Das Verlangen nach Süßem wurde dem Menschen, ja man könnte sagen anerzogen. Die Basis allen Übels sollte die Wirtschaftskrise in den Vereinigten Staaten Anfang der 1970er Jahre gewesen sein. Hohe Lebensmittelpreise zwangen den damaligen Präsidenten Richard Nixon dazu, durch Überproduktion den Markt stabil zu halten. Unter anderem durch den überdimensionierten Anbau von Mais. Die Lebensmittelindustrie reagierte auf den Überschuss und erfand neue Möglichkeiten, Maisstärke zu verarbeiten. Es entstand HFCS (Glucose-Fructose-Sirup – ein Zuckerkonzentrat, das enzymatisch aus Stärke von Mais hergestellt wird).
Die Produkte waren erfunden (selbst Coca Cola stieg Anfang der 1980er Jahre in den USA auf HFCS um), nun tat auch die Werbeindustrie das Notwendige dafür, dass die Menge an neuen Süß-Produkten verkauft und konsumiert wurden. “Die Menschen mussten dazu gebracht werden, mehr zu essen”, schreibt “Der Spiegel” in seiner Ausgabe 46/2012. Die Portionen seien größer geworden und die Werbung ermuntere, “andauernd zu essen und zu naschen.”
Das Problem für den Menschen allerdings: Die Evolution hat unserem Körper nicht gesagt, wie er sich vor übermäßigem Zucker schützen kann. Freilich: Es gibt Insulin, das den Zuckerhaushalt im Körper regelt. Doch wird der Bogen auf Dauer überspannt, kann selbst diese Regulation nicht mehr ordnungsgemäß funktionieren.
Was der Mensch allerdings genetisch über Generationen hinweg vererbt bekommen hat: “Vor 10 000 Jahren war süße, kalorienreiche Kost ein seltenes Geschenk, das ausgekostet werden musste”, sagt Anthony Sclafani vom Brooklyn College in New York gegenüber dem Spiegel. Da man früher nicht wusste, wann man wieder einmal in den Genuss kommen würde, sei der Mensch darauf programmiert, sich mit Süßem den Bauch vollzuschlagen.
Für die Werbung ist die süße Gefahr auch heute noch ein Milliarden-Geschäft. So stellt sie nicht ungern süße Produkte vor Sportkulissen dar. Sie tut damit zwei Dinge. Die richtige: Sie verkauft das Produkt zielgruppenorientiert und absolut perfekt. Die Falsche: Sie suggeriert im Grunde genommen Dinge, die nicht sein sollten. “Ein Kind, das geschwitzt hat, weil es gelaufen ist, braucht Wasser, keinen Zucker”, sagt Wolfgang Siegfried, Leiter des Adipositas-Rehazentrums Insula gegenüber dem Spiegel. Fruchtsäfte – auch wenn sie noch so gesund sein sollten – hält er auch für bedenklich. Der Körper ist nach dem Sport noch lange nicht wieder auf seinem Ruhekurs angekommen und immer noch mit sich selbst beschäftigt. Trinkt man nun in dieser Phase Orangensaft oder allgemein Fruchtzucker, kann die Leber diesen nicht schnell genug abbauen und macht Fett daraus. Wer so etwas dauernd macht, riskiert eine Fettleber.
Es gilt aber bei alle dem wie immer: Gegen Schokoriegel oder ein kaltes Erfrischungsgetränk ist nichts einzuwenden, sofern man seinen Körper mit zu viel des Guten nicht auf Dauer überfordert.