Südländern sagt man nach, sie leben gesünder und folglich länger, weil sie täglich Rotwein trinken. Um zwei Dinge klar zu stellen: Erstens tun sie es nicht täglich und zweitens ist die Sache mit dem gesunden Schluck täglich Wissenschaftlern zu Folge doch etwas übertrieben. Einig ist man sich darüber, dass der Inhaltsstoff Resveratrol zwar in vielerlei Hinsicht gesundheitsfördernd wirken kann, allerdings bei zu hohem Alkoholkonsum freilich die Anfälligkeit für Darm- und Leberkrebs steigt. In In-vitro-Studien (also in Tests im Reagenzglas) und durch Tierversuche wurde bewiesen, dass Resveratrol Gefäßverkalkungen verhindern kann. Es gibt aber bisher keine wirklich fundierten Studien, die beweisen würden, dass der Inhaltsstoff auch beim Menschen präventiv wirkt.
Rotwein: Resveratrol – Gesund oder doch nur ein Mythos?
Resveratrol gehört zu der Gruppe der Phytoalexine, also Stoffen, die von Pflanzen gebildet werden, um die Ausbreitung von Mikroorganismen zu verhindern. Vor 50 Jahren wurde Resveratrol erstmals aus dem Japanischen Staudenknöterich isoliert, einige Jahre später in Weinbeeren nachgewiesen. Mittlerweile sind viele Nahrungsergänzungsmittel mit Resveratrol auf dem Markt, die versprechen, gesünder zu leben.
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, dass der pflanzliche Wirkstoff Krebszellen abtötet. Aussagekräftige Versuche am Menschen fehlen noch. Jedoch gibt es Studien, die positive Effekte der Substanz bei Krankheiten wie Arteriosklerose, Alzheimer, Arthritis und manchen Autoimmunkrankheiten zeigen. „Eine Korrelation zwischen Rotweinkonsum und Krebshäufigkeit herzustellen, ist problematisch oder unmöglich, da der Resveratrol-Gehalt unterschiedlicher Rotweinsorten stark schwankt und im Rotwein weitere wirksame Polyphenole vorliegen“, schreibt Bernd Kleine-Gunk in der Pharmazeutischen Zeitung.
Täglich Alkohol – gut oder schlecht?
Und wieder einmal scheiden sich die Geister. Eine Meta-Analyse von 84 Studien zeige laut Süddeutscher Zeitung, dass „Menschen mit leichtem bis moderatem Alkoholkonsum ein Viertel seltener unter Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden als Abstinenzler.“ Das liege daran, dass Alkohol das gute HDL-Cholesterin erhöhe und das Blut verdünne, so dass Gerinnsel wenige leicht entstünden.
Täglich zehn Gramm Alkohol für Frauen und 20 Gramm für Männer hält die Weltgesundheitsorganisation WHO für unbedenklich – also ein Schoppen Bier oder ein Achterl Wein. Andere Ärzte und Wissenschaftler gestehen uns sogar ein wenig mehr zu.
Fest stehe jedoch, dass es für das Herz nicht ausschlaggebend ist, „ob die Wochenration regelmäßig über sieben Tage verteilt verkonsumiert wird oder ob alkoholfreie Tage eingelegt werden.“ Zudem spiele es keine Rolle, in welcher Form Alkohol konsumiert werde.
Schauen wir über den Teich: Amerikanische Wissenschaftler wollen herausgefunden haben, dass bei einem Drittel aller Krebserkrankungen, die in Folge von Alkohol entstehen, täglich weniger als 20 Gramm Alkohol konsumiert werden. Der Grund: Da die Leber lieber Alkohol abbaut hinke sie mit der Verarbeitung anderer Giftstoffe und im Falle von Krebs mit dem Abbau von Kanzerogenen hinterher.
Das waren nur einige Ansichten, aber klar sein dürfte für jeden, dass Alkohol kein Medikament ist. Wer zu viel davon konsumiert läuft Gefahr, sich zu vergiften.
Die Lust auf Alkohol beginnt im Gehirn
Vielleicht wissen es noch einige aus ihrer Kindheit: Das quengelde Baby hat man früher gerne mal an einem Glas Bier nippen lassen, um ein wenig Ruhe zu haben. Manche nahmen gar mit Schnaps getränkte Semmeln mit aufs Feld, um die Bambini ruhig zu stellen.
Von der Theorie her eine feine aber praktisch gesehen eher schlimme Sache. So wie Alkoholkonsum von Schwangeren im Prinzip alle Organe und Organsysteme des ungeborenen Kindes schädigen kann, so kann es auch beim Neugeborenen Schäden hinterlassen. Babys können Alkohol nicht so gut abbauen wie Erwachsene und zu viel des sprichwörtlich „Guten“ spielt Alkohol seine toxische Wirkung aus. Der Großteil der Menschen kommt erst in der Pubertät in Kontakt mit Alkohol. Im Alter von 12 bis 14 Jahren trinkt man gerne mal unter Freunden ein paar Bierchen – heimlich wohl gemerkt. Das Problem dabei: „Das Belohnungssystem des Gehirns verändert sich während der Pubertät stark.“ Der Pharmakologe Rainer Sparnagel erklärte dies gegenüber der Süddeutschen Zeitung (Pfingsten 2013) und fügte an, dass das Gehirn gerade in der Wandlungsphase vom Kind zum Jugendlichen in einem „sehr empfänglichen Zustand für jede Art von Belohnung“ sei. Es würde in diesem Lebensalter auch besonders intensiv auf Drogen reagieren, die über das körpereigene Belohnungssystem wirken.