„Schaum“ ist per Definition eine größere Anzahl luftgefüllter Blasen eines ansonsten flüssigen Stoffes. Schaum entsteht meist durch heftige Bewegungen wie Schütteln oder Rühren. Als luftiges Nichts ist Schaum deshalb Sinnbild für Nichtiges und Aufgeblasenes. Einen Menschen, der bei wenig Wissen und Können angeberisch prahlt, nennt man demnach auch einen Schaumschläger.
Sicherlich ist Ihnen auch schon der ein oder andere verbale Rührbesen-Akrobat begegnet. Und? Haben Sie sich von ihm einlullen lassen oder konnten sie schnell die Handbremse ziehen und ihn stehen lassen? Nicht immer merkt man, dass in inhaltsleeren Worten keine echte Wahrheit steckt. Meistens dann, wenn man Sympathie für die Person empfindet. Aber: man kann gesundes Verhalten üben.
Der Halo-Effekt und wie er funktioniert
Aus der Sozialpsychologie stammend definiert der Halo-Effekt eine kognitive, also wahrnehmungstechnisch verzerrte Wahrnehmung von Personen und Dingen.
Ob positiv oder negativ: Visuelle, nebst verbaler Ausdrucksformen sowie primär erkennbare Eigenschaften einer Person erzeugen einen ersten allgemeinen Eindruck. Die weitere Wahrnehmung des Gegenübers wird dadurch überstrahlt und beeinflusst so den Gesamteindruck unverhältnismäßig. Je intensiver der Halo-Effekt desto schwieriger, einen Schaumschläger zu entlarven.
Halo-Effekte funktionieren nicht nur bei interagierenden Personen sondern auch in der Werbung. Der erste Eindruck eines Produktes überstrahlt die Gesamtwahrnehmung. Die zum Kaufen angeregte Person kann dabei durch die geschickt verpackte Werbebotschaft die negativen, freilich nicht kommunizierten „Nebenwirkungen“ des Produkts übersehen. Testen Sie sich selbst: Welches Produkt kaufen Sie? Eines für 200,00 oder eines für 199,99 Euro?
Zwingen Sie Faker mit Fragen in die Knie!
„Selbstdarsteller zeigen häufig eine sehr geringe Sensibilität für andere Personen, da sie vorrangig auf sich selbst konzentriert sind“, weiß Karin Poznanski, Diplom-Psychologin und Diagnostikerin bei der SAAMAN AG. Sie erkenne sie daran, dass sie nicht adäquat auf Fragen eingehen oder ständig ins Wort fallen. Außerdem lassen sie persönliche Fehler oder Misserfolge zumeist völlig außen vor. Selbstreflexion sowie Selbstkritik wären Fremdwörter für deartig strukturierte Persönlichkeiten.
Nicht nur am gesprochenen Wort, sondern auch an der nonverbalen Kommunikationsweise ließen sich Schaumschläger erkennen. „Sie lächeln unnatürlich viel und schmeicheln sich ein. Andere treten eher arrogant und herablassend auf.“
In kleinen Gesprächsgruppen, so Poznanski, suchten Schaumschläger im Regelfall die Interaktion zu derjenigen Person, die hauptsächlich das Sagen habe. Sprich: Mit dem Chef spielt man lieber Verbalakrobatik als mit dessen Untergebenen und versuche, sich von seiner vermeintlich besten Seite zu zeigen.
Am besten enttarnt man einen Schaumschläger mit konkreten Fragen, die gewürzt mit Taktik auch insistierend in die Tiefe gehen dürfen. Denn „wenn es konkret wird, kann ein Faker nicht mehr liefern“, sagt Poznanski. Er bleibe mit seinen Beschreibungen an der Oberfläche, oder es wird aus seinen Erzählungen klar, dass er in Wahrheit doch nicht so perfekt scheine, wie er vorzugeben versucht.
Die Welt lässt sich gut und gerne täuschen
Phil Rosenzweig, Professor für Strategie und International Management an der Universität von Pennsylvania, ist einer der bekanntesten globalen Denker. In seinem wegweisenden und unkonventionellen Buch „Der Halo-Effekt“ zeigt er die eklatantesten Denkfehler auf.
Tagtäglich analysieren Management-Gurus, Consultants und prominente Wirtschaftslenker das Geschehen an der Börse, loben die Weitsichtigkeit und den Erfolg eines neuen CEOs, proklamieren eine weitere Erfolgstheorie oder geben Tipps, wie man die Konkurrenz garantiert überholen kann. Aber was davon ist gesichertes Wissen und was sind bestenfalls vage Thesen? Steigen Umsatz und Gewinn eines Unternehmens, ist die Versuchung groß, dahinter eine brillante Strategie, eine visionäre Führungspersönlichkeit, besonders fähige Mitarbeiter oder eine außergewöhnliche Unternehmenskultur zu vermuten.
Lässt die Performance nach, stehen schon bald die verfehlte Strategie, der arrogante Führungsstil, die unengagierten Mitarbeiter oder die uninspirierte Unternehmenskultur am Pranger. Dabei hat sich kaum etwas verändert – außer die Wahrnehmung.
Dieses Buch ist nicht nur für Manager gedacht sondern für jeden, der mit ein wenig Transferdenken Schaumblasen zum Platzen bringen möchte.
Von Rainer Wittmann