Traurig: Das gesprochene Wort fristet in der modernen Welt virtuell kommunikativer Tastatur-Junkies ein bedauerlich-einsames Dasein. An die Stelle der primären Sprachorgane sind die Finger gerückt. Was ist mir Plaudern? Weil‘s schnell gehen muss, reduziert sich damit automatisch die Qualität der Information, die zwischen den Endgeräten hin und her geschickt wird. Wer sich nicht artikuliert verliert. Ein Teufelskreis.
Da nimmt es nicht Wunder, dass für tiefsinnige Gespräche kaum noch Raum ist. Und da beginnt das Bild zu bröckeln. Neue Kunden generieren, einen besseren Job finden oder – ganz allgemein – am wahren Leben teilnehmen, funktioniert nicht mit hieroglyphisch-reduziertem Tastatur-Gestammle sondern alleine durch eines: Durch die Sprache. Wer Erfolg haben will wird scheitern ohne sie.
Plaudern? So funktioniert‘s: Die Kommunikationsebenen
Unterhaltung funktioniert dann am besten, wenn sich die Gesprächspartner auf gemeinsamen Kommunikationsebenen treffen und dort verbal interagieren. Sprachwissenschaftler definieren diese Gesprächswelten in unterschiedlichen Ansätzen.
Auf der Sachebene vermittelt der Sprecher Daten, Fakten und Sachverhalte. Sie müssen klar und deutlich kommuniziert werden. Auf der Beziehungsebene kommt zum Ausdruck, wie der Sprecher und Hörer sich zueinander verhalten, und wie sie sich einschätzen. Der Sprecher kann damit signalisieren, in welchem Verhältnis er zu seinem Gegenüber steht. Auf der Selbstoffenbarungsebene bewirkt jede Äußerung eine nur teilweise bewusste und beabsichtigte Selbstdarstellung und zugleich eine unbewusste, unfreiwillige Selbstenthüllung. Die Appellebene schließlich dient der Manipulation des Gesprächspartners (= Direktive Gesprächsführung, NLP – Neuro-Linguistisches Programmieren). Der Versuch, Einfluss zu nehmen, kann offen oder verdeckt sein. Geschickte Sprecher haben nun die Chance zu manipulieren.
Schweigen ist Silber Reden ist Gold
Eines der beliebtesten Beispiele für problemschwangere Kommunikation ist ein karger Dialog, den Bundeskanzlerin Angela Merkel laut Süddeutscher Zeitung (Oktober 2005) mit einem afrikanischen Staatspräsidenten geführt haben soll. „Und Sie sind also die neue Bundeskanzlerin“, sagte der afrikanische Politiker in dessen Limousine zu Frau Merkel. „Ja“, antworte sie. Er: „Das ist doch schön.“ Sie: „Ja.“ Er: „Das war sicher nicht leicht.“ Sie: „Nein.“ Er: „Da müssen Sie jetzt aber verdammt glücklich sein.“ Sie: „Mir geht es gut.“ Er: „Sie tun sich eher schwer mit Small Talk, oder?“ Sie: „Ja.“
Die Wirtschaftswoche griff diese Unterhaltung in ihrer aktuellen Ausgabe (40/2013) auf und kommt zu dem Schluss: „Intensive, nachdenkliche Gespräche sind oft nicht nur angenehmer als oberflächliche Plaudereien.“ Es falle vielen Menschen auch leichter, mit „in Falten gelegter Stirn stundenlang tiefgründig zu diskutieren.“
Der afrikanische Politiker war offensichtlich sehr redselig und versuchte, durch seine offene Art, das Eis zu brechen. Angela Merkel hingegen schien sich einem erfrischenden Small Talk zum gegenseitigen Kennenlernen zu sperren. Empfand sie es als Chuzpe, auf diese Kommunikationsebene zu wechseln? Oder hielt sie es für geschickter, ins Persönliche driftende Gespräche gar nicht erst zu beginnen? Man weiß es nicht genau.
Egal in welcher Situation: „Small Talk ist für die Karriere definitiv wichtig“, zitiert die Wirtschaftswoche den Psychologen und Coach Stephan Lermer. „Karriere“ dürfte in diesem Fall metaphorisch zu sehen sein für jedwede Art von Erfolg. Der Volksmund hat nicht immer recht, denn: „Schweigen ist Silber, Reden ist Gold.“
Barrieren aufbrechen mit gepflegtem Geplauder
„Small Talk halten“ sagt der Anglophile, „Plaudern“ der Deutsche. Im Grunde gehen Nichtssagende, Barrieren brechende Floskeln leicht über die Lippen, aber auch Plaudern will gelernt sein. Wie plaudert man denn richtig mit karriere- und erfolg-entscheidenden Personen?
„Warmherzig einsteigen“, empfiehlt die Wirtschaftswoche und empfiehlt, bei welch geartetem Gespräch auch immer, das Eis zu brechen. Zum Einstieg nicht „Stärke oder Kompetenz“ zu demonstrieren sondern mit einem rhetorischen Lächeln „Wärme und Vertrauenswürdigkeit“ ausstrahlen.
Bösartige und bissige Kommentare spart man sich am besten beim „Small Talk“. Wer doch schlecht über andere spricht läuft Gefahr, dass der Gesprächspartner diese negative Stimmung auf den Sprecher überträgt. Dieser belastet damit jedes weitere gewechselte Wort.
Gespräche funktionieren nur miteinander. Deshalb sollte man sich Monologe sparen. Jeder hat das Recht zu Wort zu kommen.
Tabuthemen meiden, empfiehlt die Wirtschaftswoche weiter und zählt auf: Politik, Geld, Gesundheit, Privates. Das sind Themen, die in den Freundes- und Verwandtenkreis gehören.
Wer den Gesprächspartner imitiert schafft gute Stimmung. Ein Lächeln erwidern, Regungen beachten und darauf entgegnen. Aber nicht zu viel und nicht zu auffällig, sonst löse man beim Gegenüber „ einen inneren Protest“ aus. Ganz wichtig: Am Ende des Plauderns höflich verabschieden.